03. August 2022

Brief an Ministerpräsident Stephan Weil

Ministerpräsident Stephan Weil hatte kurzfristig Vertreter aus Wirtschaft und Verbänden zu einer Gesprächsrunde zum Thema „Soziale Problemlagen durch die Teuerungswelle“ vor dem Hintergrund der Auswirkungen des Ukraine-Krieges geladen. Zu den Teilnehmern gehörte auch Dr. Mady Beißner, Geschäftsführerin von HAUS & GRUNDEIGENTUM.
Brief an Ministerpräsident Stephan Weil

Als Reaktion auf die Veranstaltung hat sie dem Ministerpräsidenten einen Brief geschrieben und die Probleme der privaten Vermieter noch einmal deutlich zum Ausdruck gebracht.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Weil,

Ihre Einladung zu einem „Krisengipfel“ am vergangenen Mittwoch haben wir sehr begrüßt, wie auch alle anderen wichtigen Vertreter aus Wirtschaft und Verbänden.

Die Zusammenführung aller aktuellen Probleme und ihre dramatische Entwicklung war von enormer Wichtigkeit; zugleich wirkte die aus den unterschiedlichen Wirkungskreisen beschriebene Situation, in der wir uns befinden und die weiteren Aussichten auf jeden Einzelnen auch sehr bedrückend, wie Sie es auch selbst zum Ausdruck gebracht haben.

Gleichwohl erlauben Sie mir nachfolgende Kritik:

  1. Warum hat dieses wichtige Gespräch nicht eher stattgefunden?
  2. Sinnvollerweise werden jetzt in der Runde Arbeitskreise gebildet. Die Einladung dazu erhielt ich tags darauf am Donnerstag den 07.07.2022 um 16:07 Uhr mit Anmeldeschluss zur AG-Mitarbeit 08.07.2022! Aus terminlichen Gründen war mir binnen dieses kurzen Zeitfensters die Rückmeldung nicht möglich. Ich denke, sicherlich nicht die Ausnahme.

    Warum wurde diese 1-Tages-Frist gesetzt, mit der Sie ein gemeinsames konstruktives Vorgehen doch gerade zu torpedieren?
  3. Sie wählten für die Arbeit der jetzt zu bildenden Arbeitsgruppen mit den Spitzen aus Wirtschaft und Gesellschaft den Ferienbeginn respektive die übliche Urlaubszeit, um am Ende des Monats ein Ergebnis präsentieren zu können. Ihre ausdrückliche Bitte war: Es möge sich nur derjenige anmelden, der auch voll zur Verfügung stehe! Sie selbst machen – wie der Wochenendausgabe der HAZ zu entnehmen – diese Woche Wanderurlaub.
    Wenn dieses Vorgehen tatsächlich nichts mit Wahlkampf zu tun haben sollte – ein Gefühl, das sich nur schwer verdrängen lässt – wie soll es dennoch am Ende zu einer konstruktiven und alle Bereiche einbeziehenden Zusammenarbeit kommen, unterstellt sie ist tatsächlich gewollt?
  4. In Ihrem Fazit, dass Sie am Ende unseres „Krisengipfels“ am letzten Mittwoch zogen, haben Sie praktisch sämtliches Vorbringen aus der Wohnungswirtschaft schlicht ignoriert. Hatte die Einladung nur eine Alibifunktion?
  5. Diesen Eindruck unterstreichen Sie mit der jetzt zu bildenden Arbeitsgruppe „Priorisierung“, der Sie die Leitfrage vorgeben:

    „Mit welcher Zurückstellung oder Aussetzung von Vorhaben können wir die niedersächsische Wirtschaft und unsere Gesellschaft vorübergehend entlasten, ohne übergeordnete Ziele wie Klimaschutz in unserem Bundesland zu gefährden?“

    Als Verbandsvertreterin von Haus & Grund sowie Herr Fries als Vertreter des Deutschen Mieterbundes hatten wir ausdrücklich dazu aufgefordert, z. B. die CO2-Umlage sofort abzuschaffen, mindestens in dieser schwierigen Zeit auszusetzen, um die Bürger unmittelbar zu entlasten. „Priorisierung“ kann nicht bedeuten, dass Sie von vornherein den Klimaschutz weiterhin als „übergeordnetes Ziel“ festlegen!

    Wir haben es jetzt mit existentiellen Problemen zu tun, die nicht nur vor Mietern, sondern auch vor privaten Vermietern und Wohnungsgenossenschaften nicht mehr Halt machen. Deshalb unsere dringende Forderung die ambitionierten Klimaziele in dieser akuten Gefahrenlage herunterzufahren. Allein Finanzminister Hilbers hat dies in seinem Statement ebenfalls angebracht (Überprüfung der niedersächsischen Klimaschutzvorschriften). Leider wurde von Ihnen diese wichtige Überlegung ausgeblendet.

Deshalb möchte ich auf diesem Wege noch einmal unseren Appell an Sie und die Regierung übermitteln: Begreifen und wertschätzen Sie den privaten Wohnungsmarkt als Fundament unserer Gesellschaft. 66 % der Mietwohnungen werden von Privatpersonen zur Verfügung gestellt! Machen Sie diesen noch funktionierenden privaten Wohnungsmarkt nicht kaputt, indem Sie einseitig dem privaten Vermieter immer mehr aufbürden und zumuten und viele am Ende zur Aufgabe „nötigen“, sondern sehen Sie auch die Situation der privaten Vermieter und stützen Sie dieses wichtige Fundament für unsere Gesellschaft. Es gibt finanzielle Grenzen und auch die Tatsache der fehlenden Fachkräfte im Handwerk und der Materialengpässe lässt sich nicht ausblenden.

Ich stehe gerne weiterhin für eine engagierte Mitarbeit zur Verfügung und verbleibe am Ende doch noch hoffnungsvoll

mit freundlichen Grüßen

Dr. Mady Beißner
Geschäftsführerin/Syndikusrechtsanwältin

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