11. Januar 2021

Das neue ab 01.12.2020 geltende WEG und die Konsequenzen für die Praxis

Die neuen Vorschriften bringen für WEG-Verwalter und Wohnungseigentümer deutliche Veränderungen mit sich. In Anlehnung an die rechtliche Struktur einer Kapitalgesellschaft sind – vereinfacht dargestellt – die Wohnungseigentümer die Gesellschafter, die Wohnungseigentümergemeinschaft das Beschlussorgan, der Verwalter der Geschäftsführer und der Beirat der Aufsichtsrat. Diese neue Struktur schlägt sich in den Gesetzesänderungen und Neuregelungen nieder.

1. Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist jetzt Träger der gesamten Verwaltung.

Damit ist endlich die Streitfrage, ob im Einzelfall die WEG selbst Träger von Rechten und Pflichten ist oder der einzelne Wohnungseigentümer, ausgeräumt. In einem Rechtsstreit ist also stets die WEG Klägerin oder Beklagte, die Ihrerseits immer durch den Verwalter vertreten wird, das heißt eine Beschlussanfechtungsklage richtet sich jetzt gegen die WEG, vertreten durch den Verwalter, womit die Verpflichtung entfällt, in einem Klageverfahren die aktuelle Eigentümerliste bei Gericht vorzulegen.

Rechtsinhaber gegenüber Dritten und Vertragspartner aller Rechtsgeschäfte der WEG ist ausschließlich die durch den Verwalter vertretene WEG.

2. Sachkundenachweis des Verwalters

Künftig hat jeder Wohnungseigentümer das Recht als Teil einer ordnungsgemäßen Verwaltung die Bestellung eines zertifizierten Verwalters mit entsprechendem Sachkundenachweis zu verlangen. Der Anspruch besteht erstmals nach Ablauf von zwei Jahren ab Inkrafttreten der Reform, somit ab 01.12.2022.

Bereits bestellte Verwalter einer WEG gelten jedoch – aber nur dieser Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber – noch bis zum 30.05.2024 als „zertifizierter Verwalter“.

Ausnahme bei WEGs mit nur bis zu acht Einheiten: Ist ein Wohnungseigentümer als Verwalter bestellt, kann nicht der einzelne Wohnungseigentümer, sondern nur ein Drittel der Wohnungseigentümer (gezählt nach Köpfen) die Bestellung eines zertifizierten Verwalters verlangen.

Der zertifizierte Verwalter muss durch eine Prüfung bei der IHK nachweisen, dass er über die notwendigen rechtlichen, kaufmännischen und auch technischen Kenntnisse für seine Tätigkeit als Wohnungseigentumsverwalter verfügt. Was die Sachkunde im Einzelnen umfasst, wird der Gesetzgeber noch durch Verordnung regeln müssen.

3. Mehr Befugnisse für den Verwalter

Der Verwalter kann künftig in eigener Verantwortung ohne Beschlussfassung über Maßnahmen entscheiden, die von untergeordneter Bedeutung sind und nicht zu erheblichen Verpflichtungen der WEG führen. Die Entscheidungs- und Vertretungsbefugnisse des Verwalters sind also im Zuge der Reform deutlich erweitert worden. Der Gesetzesbegründung zur Folge sollen je nach Einzelfall neben kleineren Reparaturen auch der Abschluss von Versorgungs- und Dienstleistungsverträgen im beschränkten Umfang oder die gerichtliche Durchsetzung von Hausgeldforderungen zum Kreis der Maßnahmen, die der Verwalter in eigener Verantwortung durchführen kann, gehören.

Damit wird zwar einerseits die WEG bindend zur Kostentragung verpflichtet, andererseits wird aber die Verwaltung im laufenden Geschäftsbetrieb deutlich vereinfacht. Im Übrigen kann die WEG aber auch durch Beschluss regeln, welche Maßnahmen der Verwalter nicht ergreifen oder ergreifen darf und bis zu welchem Maximalbetrag er ohne Beschluss der WEG zu Ausgaben berechtigt ist.

Praxistipp: Es empfiehlt sich für jede WEG bei der nächsten Eigentümerversammlung entsprechende Beschlüsse zu fassen, die z. B. auch festlegen können, dass für bestimmte Maßnahmen bzw. bei Erreichung bestimmter Beträge die vorherige Zustimmung des Beirats oder des Beiratsvorsitzenden erforderlich ist, sonst kann es später zu großen Diskussionen bis hin zu unnötigen Gerichtsverfahren kommen.

4. Einfache Abberufung des Verwalters

Die WEG kann den Verwalter jederzeit – auch ohne Begründung – abberufen. Die Restlaufzeit der ursprünglichen Bestellung als Verwalter ist unbeachtlich, ebenso die Restlaufzeit des Verwaltervertrages. Der Verwaltervertrag endet sechs Monate nach der Abberufung, sofern keine vorherige Beendigung vereinbart wird.

Konsequenz: Der Verwalter muss seine Leistungen nur noch für sechs Monate erbringen und erhält auch nur noch für maximal diese sechs Monate bis zur Beendigung des Vertrages seine Vergütung. Daraus folgt, dass der Verwalter weder Schadensersatzforderungen noch entgangenen Gewinn aufgrund seiner Abberufung geltend machen kann.

5. Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung

Durch die Reform sind die wesentlichen Inhalte von Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung konkretisiert worden. Zugleich wurde der Beschlussgegenstand jeweils auf die Zahlungspflicht reduziert, so dass ein Beschluss über eine Jahresabrechnung, der ein falsche Zahlenwerk zugrunde liegt, nicht mehr angefochten werden kann, solange sich der Fehler nicht auf die Zahlungspflichten der Eigentümer auswirkt.

Im Weiteren wird der Verwalter verpflichtet, nach Ablauf des Kalenderjahres einen Vermögensbericht zu erstellen, der den Stand der Rücklagen und eine Aufstellung des wesentlichen Gemeinschaftsvermögens enthalten muss.

6. Vereinfachung der Eigentümerversammlung

Um es den Eigentümern zu ermöglichen, sich besser auf die Eigentümerversammlung vorzubereiten, muss der Verwalter jetzt spätestens drei Wochen vor der Eigentümerversammlung zu dieser einladen.

Zudem ist jetzt jede Eigentümerversammlung unabhängig von der Zahl der anwesenden oder vertretenen Eigentümer bzw. Miteigentumsanteile beschlussfähig. Die Anwesenheit gewinnt dadurch essenziell an Bedeutung, denn auch kleine Mehrheiten können große Beschlüsse fassen.

Im Weiteren wurde eine Beschlusskompetenz zur Online-Teilnahme an Eigentümerversammlungen geschaffen. Die Möglichkeit, Präsenzversammlungen per Mehrheitsbeschluss zu Gunsten reiner Online-Eigentümerversammlungen abzuhalten, ist davon aber nicht umfasst. Eigentümerversammlungen können also zwar auch digital abgehalten werden, jedoch nur sofern Sie auch „vor Ort“ angeboten werden. Dieser teilweisen Online-Versammlung muss eine generelle Beschlussfassung zur Abhaltung dieser Versammlung vorangehen.

Neues gilt auch Umlaufbeschlüsse. Diese bedürfen jetzt nur noch der Textform anstatt wie bisher der Schriftform. Außerdem können die Wohnungseigentümer nunmehr bezüglich konkreter Beschlussgegenstände beschließen, dass hierüber im Umlaufverfahren mit Stimmenmehrheit entschieden werden kann. Der Vorteil: Damit wird es Eigentümern zumindest erleichtert, Umlaufbeschlüsse zu fassen, wenn nach der Beratung in der Eigentümerversammlung noch Fragen offengeblieben sind. Dann können die Eigentümer beschließen, dass im Nachgang ein vereinfachter Umlaufbeschluss möglich ist.

Schließlich wird jetzt gesetzlich vorgegeben, dass das Protokoll der Eigentümerversammlung unverzüglich nach deren Beendigung erstellt werden muss.

7. Stärkung der Rechte der Wohnungseigentümer und des Verwaltungsbeirats

Neben der Möglichkeit, den Verwalter ohne wichtigen Grund abberufen zu können, erhalten die Wohnungseigentümer jetzt ein Einsichtsrecht in alle Verwaltungsunterlagen.

Gleichzeitig wurde die Beschränkung der Anzahl der Verwaltungsbeiräte aufgehoben, das heißt die Wohnungseigentümer können künftig die Zahl der Beiratsmitglieder flexibel durch Beschluss bestimmen. Die Beschränkung auf drei Beiratsmitglieder ist damit entfallen.

Der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats ist jetzt qua Gesetz auch als Vertreter der Wohnungseigentümer gegenüber dem Verwalter bestimmt. Gleichzeitig würde eine Haftungsbeschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit für ehrenamtliche Verwaltungsbeiräte eingeführt.

8. Erweiterung der Sondereigentumsfähigkeit

Nun mehr kann an Stellplätzen ein eigenständiges Sondereigentum begründet werden und auch Gärten- oder Terrassenanteile dem Sondereigentum zugeordnet werden, allerdings nur als Annex zu einer Wohnungs- oder Teileigentumseinheit. Dadurch dürften künftig Streitigkeit über Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten für Stellplätze und Terrassen/Gärten weitestgehend vermieden werden.

9. Erleichterung baulicher Maßnahmen

Bauliche Maßnahmen werden nicht mehr wie bisher unterschieden in Modernsierungen, modernisierende Instandsetzungen und sonstige bauliche Maßnahmen, für die stets unterschiedliche Beschlussquoren galten. Künftig kann jede bauliche Maßnahme mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen beschlossen oder durch Beschluss gestattet werden.

Wir die Maßnahme mit einer Mehrheit von mehr als 2/3 der abgegebenen Stimmen und der Hälfte der Miteigentumsanteile beschlossen, so haben alle Wohnungseigentümer die Kosten im Verhältnis Ihrer Miteigentumsanteile zu tragen. Gleiches gilt, wenn sich die Maßnahme innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisiert (nach der Rechtsprechung in der Regel 10 Jahre). Maßnahmen, die mit einfacher Mehrheit, also mit mehr als 50 % und weniger als der neuen 2/3-Mehrheit beschlossen werden, zahlen die Eigentümer, die den Beschluss gefasst haben, was zu einem unschönen taktischen Abstimmungsverhalten der Eigentümer führen kann, um einer Kostentragung zu entgehen. Dies könnte auf Verfahrensseite z. B. durch bedingte Beschlüsse oder einen Aufhebungsbeschluss umgangen werden.

10. Modernisierungsanspruch des einzelnen Wohnungseigentümers

Maßnahmen zu Barrierefreiheit, Elektromobilität, zur Einbruchssicherheit sowie für den schnellen Zugang zum Internet können nunmehr von jedem Wohnungseigentümer verlangt werden, das heißt er hat einen Anspruch auf Erlaubniserteilung, sofern er hierfür die Kosten selbst trägt. Die WEG muss dann die Zustimmung erteilen.

Damit einher geht die Neuregelung in § 554 BGB, wonach Mieter die Genehmigung des Vermieters zu barrierefreien Umbauten, Installationen von Elektroladestationen oder Maßnahmen zum Einbruchsschutz verlangen können.

11. Grundbucheintrag vereinbarungsändernde Beschlüsse

Vereinbarungen über das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und Beschlüsse auf Grund einer solchen Vereinbarung sind im Grundbuch einzutragen, die vor der Reform getroffenen Altbeschlüsse bis zum 31.12.2025, damit sie gegenüber Sonderrechtsnachfolgern wirksam sind.

12. Prozesskosten bei Fehler der Verwaltung

Nach der alten Regelung konnte das Gericht bei Vorliegen eines Fehlers der Verwaltung, der zum Rechtsstreit geführt hat, dem Verwalter die Kosten des Rechtsstreits auferlegen. Da die Gerichte davon jedoch so gut wie keinen Gebrauch gemacht haben, hat der Gesetzgeber diese Regelung gestrichen. Daraus folgt, dass Schadensersatzansprüche der WEG wegen Fehler des Verwalters nun diesem gegenüber direkt in einem eigenen Verfahren geltend zu machen sind.

13. Harmonisierung von Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Bei der Heiz- und Betriebskostenabrechnung gilt im Verhältnis zwischen dem vermietenden Eigentümer und dem Mieter künftig der in der WEG geltende Kostenverteilungsschlüssel; darauf sollte im Mietvertrag unter „Betriebskosten“ ausdrücklich hingewiesen werden.

Die Modernisierung auch bei vermietetem Teileigentum wird vereinfacht. Der Mieter einer Eigentumswohnung oder eines Teileigentums hat Baumaßnahmen in der Wohnungseigentumsanlage zu dulden. Modernisierungsmaßnahmen sind vom Verwalter dem Mieter mitzuteilen – auch wenn keine Mietverwaltung besteht.

Will der Vermieter auf Grund der Modernisierungsmaßnahmen eine Mieterhöhung durchführen, so muss er dieses Verlangen – unabhängig von der Mitteilung des Verwalters – selbst an den Mieter unter Einhaltung der Form- und Fristvorschriften herantragen.

Hinweis: Diese Ausführungen dienen nur als Erstinformation über das neue WEG-Recht und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Auch werden die Gerichte noch geraume Zeit damit beschäftigt sein, die unbestimmten Rechtsbegriffe auszulegen und damit für die Praxis nähere Vorgaben zu machen.

Dr. Mady Beißner

Dr. Mady Beißner
Dr Mdy Bßnr
Geschäftsführerin
Syndikusrechtsanwältin
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